Die Zukunft der Strompreisgestaltung: Wie dynamische Strompreise zur Energiewende beitragen
Februar 2023
Mit der andauernden Energiekrise und der nach wie vor bestehenden Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger, lautet die Devise, mehr denn je: Energiesparen. Die Abkehr von einem in die Jahre gekommenen Fixpreismodell hin zu variablen Tarifen, auch dynamische Preise genannt, birgt erhebliches Potenzial für Effizienzoptimierung und schafft Vorteile sowohl für Konsument:innen, als auch für Energielieferanten: Für den Bezug von Strom außerhalb der Spitzenzeiten bieten variable Tarife den Verbrauchenden finanzielle Anreize in Form von niedrigeren Marktpreisen. Weil sie selbst entscheiden können, ob sie Strom lieber zum Zeitpunkt günstigerer Tarife verbrauchen, erhalten Haushalte mehr Kontrolle über ihre individuelle Stromrechnung. Für die Netzbetreiber auf der anderen Seite sind variable Tarife ein hilfreicher Ansatz Netzengpässe abzuwenden.
Zeitvariable Tarife als Mittel zur Differenzierung vom Wettbewerb
Die Preise an den Strombörsen sind stark volatil und schwanken abhängig von Angebot und Nachfrage im Laufe des Tages. Für Kund:innen mit dynamischen Tarifen, die sowohl zeit- als auch lastvariabel sein können, kommt es also nicht mehr nur darauf an, wie viel Strom sie verbrauchen, sondern auch wann sie diesen beziehen.
In Europa werden vermehrt neue Gesetzgebungen eingeführt, die Energielieferanten dazu verpflichten, variable Tarife anzubieten. Innovative Versorgungsunternehmen, darunter meist neue Marktteilnehmende, die auch oft als Neo-Utilities bezeichnet werden, reagierten bereits und nahmen zeitvariable Tarife in ihr Produktportfolio auf. Teilweise sind zeitvariable Tarife sogar ein integraler Bestandteil ihrer Markenidentität. Die Einführung von zeitvariablen Tarifen sorgt für mehr Transparenz in die komplexen Preisbildungsmechanismen des Energiemarktes. Dies gibt Verbrauchenden die Möglichkeit, sich nach den dynamischen Preisen zu richten, ihr Konsumverhalten anzupassen und damit erheblich Stromkosten zu senken.
Kluft zwischen Angebot und Nachfrage
Das große Ziel der variablen Tarife ist es, das zeitliche Ungleichgewicht zwischen verfügbarem Strom aus erneuerbaren Erzeugungsquellen und der Nachfrage durch Konsumierende abzubilden. Wenn immer mehr Erneuerbare ans Netz gehen und Verbraucherpreise immer noch statisch sind, also über den gesamten Tag gleichbleibend, entsteht eine Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Energieproduktion (zum Beispiel tagsüber bei Sonnenschein über Photovoltaikanlagen) und dem Zeitpunkt des Energiekonsums (zum Beispiel beim Kochen des Abendessens).
Variable Tarife wirken diesem Problem entgegen, indem sie es Energielieferanten ermöglichen, eine Preisanpassung in Echtzeit, basierend auf der Energieverfügbarkeit und -nachfrage, vorzunehmen. Ganz im Sinne der geringen Grenzkosten der Erneuerbaren ergibt sich daraus im Idealfall, dass Strom dann am günstigsten ist, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht.
Folglich können variable Tarife das Verhalten der Verbrauchenden erheblich beeinflussen: die teilweise deutlichen Preisunterschiede können Konsument:innen dazu motivieren, ihren Energieverbrauch auf Zeiten zu verlagern, in denen erneuerbare Energie im Überfluss vorhanden ist. Das hilft unserer Gesellschaft nicht nur, auf fossile Brennstoffe zu verzichten, sondern erhöht außerdem die Stabilität des Stromnetzes, sofern wir Nachfragespitzen senken. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit der heimischen Energieversorgung verbessert, sondern ebenso die Abhängigkeit von internationalen Energielieferungen reduziert.
Dynamische Preise auf dem Vormarsch - auch in Deutschland dank neuer Gesetze
Die dynamische Strompreisgestaltung ist kein neues Konzept, sondern wurde bereits in den 1980er und 90er Jahren in einer vereinfachten Form als Doppeltarif eingeführt. Damals, als der Anteil von Atomstrom im europäischen Strommix noch anstieg, wurden Haushalte für den Verbrauch in der Nacht mit niedrigeren Strompreisen belohnt. Dies war auf die Tatsache zurückzuführen, dass Kernkraftwerke Strom in Bandbreite produzieren und nicht ohne weiteres an die Nachfragezyklen der Industrie angepasst werden können, die den Großteil ihres Stroms tagsüber verbrauchten. Ein solcher Tarif gilt heute in Anbetracht von Solarstrom als überholt.
Werden zeitvariable Tarife der neue Goldstandard in der Strompreisgestaltung?
Zeitvariable Tarife als Unterkategorie der dynamischen Tarife werden in ganz Europa zunehmend eingeführt. Sie basieren jedoch auf festen Tageszeiten oder auf dem nationalen Strommix. Beides kann als eine Einschränkung des Konzepts angesehen werden. Will man wirklich Anreize für die Zeitgleichheit von lokaler Stromnachfrage und -angebot schaffen, müsste man regionale oder lastvariable Tarife einführen. Diese sind zwar technisch komplizierter umzusetzen, jedoch bewerten Expert:innen ihre Auswirkungen auf eine Entlastung des Stromnetzes als äußerst positiv. exnaton geht davon aus, dass wir mehr und mehr Tarife sehen werden, die das lokale Stromangebot konkret berücksichtigen.
Seither hat sich jedoch einiges getan: Heute berücksichtigen zeitvariable Tarife, Angebot und Nachfrage auf stündlicher Basis oder oft sogar in einem 15-Minuten-Intervall, wobei die Produktionszyklen erneuerbarer Energien widergespiegelt werden. Insbesondere die skandinavischen Länder haben zeitvariable Tarife schon vor einiger Zeit eingeführt, weshalb sie als Vorreiter der dynamischen Preisgestaltung gelten. Auch in Deutschland nimmt das Konzept langsam Fahrt auf. Immer mehr Neo-Utilities setzen auf zeitvariable Tarife und bieten Energieprodukte an, die Preissignale in Echtzeit an ihre Kunden senden.
Traditionelle Energieversorger hingegen, halten bisher aus mehreren Gründen an pauschalen Strompreisen fest:
- Hohe Komplexität des Themas: fehlendes Wissen und Interesse der Kund:innen, wie man Stromkosten senken kann
- Fehlende Infrastruktur: unzureichende Verfügbarkeit von digitalen Stromzählern (Smart-Meter) als technologische Voraussetzung für variable Tarife
- Herausforderungen in der Umsetzung: hoher Aufwand bei der Abrechnung tausender Messwerte mit unterschiedlichen Preisen
All dies ändert sich jetzt
Seit diesem Jahr sind mittlere und große Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, dynamische Tarife anzubieten. Bis 2025 wird die Mehrheit der rund 1'000 Versorgungsunternehmen nachziehen müssen. Seit der Veranlassung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) durch die deutsche Regulierungsbehörde, sollen alle Stromverbraucher (mit installiertem Smart Meter) die Möglichkeit erhalten, einen dynamischen Tarif beziehen zu können (EnWG §41a). In der Praxis bedeutet das, dass die Spotmarkt- (im 15-Minuten-Intervall) und die Day-Ahead-Preise (im Stundenintervall) Einzug auf die Stromrechnungen finden. Demzufolge müssen Energielieferanten ihre Tarifangebote entsprechend anpassen. Dies muss jedoch nicht von heute auf morgen geschehen, sondern unterliegt je nach Größe des Unternehmens den folgenden Fristen:
- 1.1.2022: Versorger mit mehr als 200'000 Stromkunden
- 1.1.2023: Versorger mit mehr als 100'000 Stromkunden
- 1.1.2025: alle Versorger
Treibende Kräfte der dynamischen Strompreisgestaltung
Energiekrise: Steigende Preise seit 2021
Rechtliche Rahmenbedingungen: Nachhaltiger Wandel per Gesetz
Gesellschaftliche Erwartungenan die Energiewirtschaft
Mobilitätswende:100% Elektrofahrzeuge ab 2035
Energiewende:Ausbau der dezentralen erneuerbaren Energien
Wärmewende:Elekrifizierung des Wärmesektors
Wie beeinflusst die Strompreisbremse Verbraucher:innen, die sich für ein Produkt mit variablen Tarifen entschieden haben?
Viele europäische Länder haben - mit dem Ziel, den hohen Verbraucherpreisen in der Energiekrise entgegenzuwirken - bereits eine Strompreisbremse angekündigt. In Deutschland sind 80 % des Energieverbrauchs von Privathaushalten auf 40 ct/kWh (einschließlich Netzgebühren und Steuern) gedeckelt; die restlichen 20 % werden zu normalen Preisen verbraucht. exnaton geht davon aus, dass die Einführung der Strompreisbremse eine starke positive Wirkung auf die Akzeptanz von variablen Tarifen hat, da mit ihr vermieden wird, dass Strompreise exorbitante Schwellenwerte überschreiten.
exnaton macht Energielieferanten die Einführung von variablen Tarifen so einfach wie noch nie
Unsere innovative Abrechnungssoftware ermöglicht es Energielieferanten, zeitvariable Tarife als neues Produkt für ihre Kund:innen einzuführen. Unsere White-Label-SaaS-Plattform, die bereits für die Umsetzung von Energiegemeinschaften oder Energy Sharing im Rahmen der EU-Richtlinie RED II bekannt ist, wird von mehr als einem Dutzend Energievorsorgungsunternehmen in vier Ländern genutzt.
Die Plattform entspricht allen regulatorischen Anforderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG § 41a), verarbeitet Energie- und Preisdaten im 15-Minuten-Takt und visualisiert Energiekosten in einem für die Endverbraucher:innen einfach zugänglichem Format. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die mögliche Integration mit SAP IS-U, die die Einführung solcher Produkte für viele Energieversorgungsunternehmen einfacher denn je gestaltet. Das neue SPOT-Produkt wurde in enger Zusammenarbeit mit einem der größten Energieversorgungsunternehmen in Deutschland entwickelt und ist seit Januar 2023 für alle bestehenden und zukünftigen exnaton-Kunden erhältlich.
Als ein mehrfach ausgezeichnetes Spin-Off-Unternehmen der ETH Zürich, einer der renommiertesten Technologie-Hochschulen Europas, wird exnaton außerdem von erstklassigen Venture Capital Fonds wie True Ventures aus dem Silicon Valley, Global Founders Capital aus Deutschland und Übermorgen Ventures aus der Schweiz unterstützt. Unser Team aus kompetenten Energieexpert:innen steht Ihnen zur Seite und entwickelt eine spezifische Energielösung für Ihre Bedürfnisse und die Ihrer Kund:innen.
Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, um mehr über unser SPOT Produkt zu erfahren und machen Sie einen Schritt in die Zukunft der Strompreisgestaltung.
Liliane Ableitner
Co-founder & CEO von exnaton